Der Friede-Gard-Preis 2022 ging an Prof. Jørgen Randers, PhD. Die Preisverleihung fand am 12. 10.2023 am Umwelt-Campus Birkenfeld statt.

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Professor Randers erhielt den Friede-Gard-Preis 2023 für seine hervorragenden Beiträge zur ‚Welt-Modellierung‘, wobei er immer die gegenseitigen Abhängigkeiten der ökologischen, ökonomischen und sozialen Realitäten angemessen berücksichtigt hat, insbesondere für

(1) sein jahrzehntelanges Einstehen für die Anwendung der Systemdynamik-Methode für Erstellung und Analyse von Weltmodellen (im Unterschied zur Nutzenoptimierung der dominierenden neoklassischen Gleichgewichtsmodelle; in der ‚Klimaökonomik‘ auf besonders schlechte Weise vertreten durch die DICE-Modelle der Nordhaus Schule),

und – auf dieser Basis –

(2) sein unermüdliches Aufzeigen von gangbaren Szenarien für eine zukunftsfähigere und nachhaltigere globale Entwicklung (im Vergleich zur Entwicklung bei einem „Weiter so“),

sowie – als vorläufiger Gipfel jahrelanger stetiger Verbesserungen –

(3) sein „Earth for All“-Modell von 2022, das sowohl fundiert die Umwelt mit Landnutzung, Energieeinsatz und Klimawandel abbildet, als auch detailliert die wirtschaftliche und soziale Seite mit Bevölkerungsentwicklung, Produktion und Investition, sowie Arbeitslosigkeit und Verteilung des geschaffenen Wohlstands darstellt. (Das E4A-Modell ist für jedermann frei zugänglich und klein genug, um auf jedem PC laufen zu können.)  

Die Systemdynamik-des neoklassischen Mainstreams weit überlegen, da sie nichtlineare Wirkungen, Wechselwirkungen und zeitverzögerte Rückkopplungen berücksichtigen. Sie sind darüber hinaus besonders geeignet, die zeitliche Entwicklung der betrachteten Systeme – auch außerhalb von Gleichgewichtszuständen - zu verfolgen und verschiedene Ausgestaltungen (Szenarien) darzustellen, z.B. bei politischen Weichenstellungen. Die bisher weitverbreiteten Modelle des neoklassischen Mainstreams, insbesondere die von William Nordhaus und seinen Anhängern, können dies nicht. Sie glauben stattdessen, ein globales Nutzenoptimum ausrechnen zu können, insbesondere eine ‚optimale‘ Klimaerwärmung von 2,7 Grad bis 2100 ohne größere Einbußen an materiellem Wohlstand. Solche Ergebnisse basieren auf unhaltbaren Annahmen für die Berechnungen und einer Denkweise, die Wechselwirkungen, Rückkopplungen und Kipppunkte ignoriert, welche das Potential haben, das Ökosystem kollabieren zu lassen. Zudem lassen sie die Verteilungswirkungen in Richtung großer wirtschaftlicher Ungleichheiten außer Acht, die den sozialen Frieden zerstören können.

Die Preisverleihung wurde eingeleitet von der Präsidentin der Hochschule, Prof. Dr. Dorit Schumann, sowie dem Minister für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz, Clemens Hoch, und dem Stifter, Gerd Schuster.

In seiner Einführung (auf Deutsch) machte der Stifter des Friede-Gard-Preises, Gerd Schuster, auf etliche unbequeme Wahrheiten zur Klimakrise und unserem Wirtschaften und der zugrundeliegenden neoklassischen Wirtschaftstheorie aufmerksam.ext

..-> Text  Rede Stifter dt    Folien dazu   Rede Stifter Folien

In seinem Preisvortrag (auf Englisch) zeigte Professor Randers die Anforderungen an eine zeitgemäße Modellierung von ökonomischen Systemen auf. Diese werden alle von der Systemdynamik-Methode erfüllt, wie sie von Professor Jay Forrester ab den 1950er Jahren entwickelt wurde und in der Folgezeit u.a. von Professor Randers weiterentwickelt wurde. Dagegen erfüllt die herrschende neoklassische Denkweise keine dieser Anforderungen und ist deswegen als Grundlage wirtschaftspolitischer Entscheidungen ungeeignet bzw. sogar kontraproduktiv. Professor Randers erläuterte viele seiner Aussagen anhand von Beispielen aus dem Earth-for-All-Modell.

..-> Text der Preisrede Preisrede Randers dt   ..-> Folien  Preisrede Randers Folien dt

Die Laudatio (auf Deutsch) hielt Ulrich Golüke, der über Jahrzehnte mit dem Wirken von Professor Randers verbunden ist, insbesondere bei den Modellierungen bei gemeinsamen Publikationen. Er zeigte auf anschauliche Art die Unterschiede zwischen

  • linearem Denken Denken in Kreisläufen,
  • Schließen aufgrund statistischen Korrelationen bzw. auf Basis physikalisch-kausaler Beziehungen (am Beispiel von Klimamodellen)
  • Zugrundelegung von Gleichgewichten bzw. komplexer Adaption mit Rückkopplung.

..-> Text der Laudatio Laudatio Golüke dt

Im Seminar (auf Englisch) am folgenden Freitag erläuterte Professor Randers vor einem großen Kreis Interessierter den Aufbau und viele Details dieses Earth-for-All-Modells. Schwerpunkt bildete dabei der ökonomische Teil des Modells, insbesondere die Wachstumsdynamik, den Arbeitsmarkt, die Distribution sowie die Finanzmarktseite. Diese Modellierung unterscheidet sich an vielen Stellen grundlegend  vom vorherrschenden neoklassischen Denken und bezieht Ideen von vielen heterodoxen Ansätzen ein (z.B. MMT Modern Monetary Theory, Karl Marx, Richard Goodwin, Post-Keynesianismus.).

Die Aufzeichnung der Preisverleihung und die Beiträge des Seminars sind auf dem YouTube-Kanal der Friede-Gard-Stiftung  abrufbar. https://www.youtube.com/@Friede-Gard-Stiftung